1 – Verzerrte Wahrnehmung

№ 1

Verzerrte Wahrnehmung

Wir sprechen unter anderem über die Tücken von Social-Media, Selbstzweifel und die Angst vor Kontrollverlust. Außerdem empfehlen wir noch einen tollen Film, den wir euch sehr ans Herz legen!


Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von mind me – Dem Podcast über die Facetten der Depression. Wir sind Mia und Hannah. Wir wollen nochmal darauf hinweisen, dass wir keinen medizinischen Hintergrund haben und lediglich unsere Erfahrungen und Meinungen teilen. Wir möchten Betroffenen Mut machen und sie wissen lassen dass sie nicht alleine sind.

Hannah: Also wir haben ja nun diesen Podcast gestartet und reden die ganze Zeit über die Krankheit, aber was sind Depressionen eigentlich für dich?

Mia:  Gute Frage! Ich würde jetzt mal so spontan sagen, dass Depressionen für mich bedeutet mit seinen eigenen Gefühlen überfordert zu sein oder mit bestimmten Situationen nicht umgehen zu können. In diesen Situationen gefangen zu sein und nicht mehr rauskommt. Natürlich gibt es das in ganz vielen verschiedenen Situationen oder Gefühlslagen. Was sind Depressionen für dich? Wie würdest du das für dich persönlich definieren?

Hannah: Ich finde es immer interessant wie andere das sehen und wieviele Definitionen es eigentlich gibt. Also ich habe mir mal da meine Gedanken gemacht und für mich ist es tatsächlich einfach die Hölle. Dazu habe ich mal ein paar Beispiele rausgesucht, um es bildlicher zu beschreiben: Es ist wie lebendig begraben werden oder mit einem Betonklotz an den Füßen ins Wasser geschmissen zu werden. Man geht unter, kommt nicht wieder an die Oberfläche und weiss nicht was passiert. Depressionen sind für mich ein einziger Schmerz an meinem ganzen Körper, man wird innerlich zerrissen. Du weißt einfach gar nicht wie du dich fühlst. Fühlst du zu viel oder fühlst du gar nichts? Es ist einfach eine Zeit indem du das Licht am Ende des Tunnels eben nicht mehr siehst, was natürlich scheiße ist.

Mia: Da muss ich dir recht geben! Auf jeden Fall kann ich dir das so bestätigen und es ist eine sehr gute bildliche Darstellung für Leute die mit dem Thema vielleicht noch nicht in Berührung gekommen sind und sich gar nicht richtig vorstellen können was das eigentlich ist und wie man sich dabei fühlt.

Hannah: Man ist ja auch meistens bei vollem Bewusstsein. Am Anfang weiß man noch nicht was mit einem geschieht. Aber am Ende, wenn man sich auch damit beschäftigt, dann weiß man ja in welcher Misere man steckt und denkt man kommt nicht mehr raus. Das ist dann einfach die Hölle, wie schon gesagt.

Mia: Das ist wirklich die Hölle!

Hannah: Du hattest ja erzählt, dass du in deinen eigenen Gedanken gefangen bist. Ich finde das passt sehr gut zu unserem heutigen Thema. Wir wollten heute über verzerrte Wahrnehmung sprechen. Aber was ist das eigentlich? Man sagt dazu auch kognitive Verzerrung und dabei geht es eigentlich um das fehlerhafte Wahrnehmen, Erinnern, Denken oder Urteilen. Ob es dann dabei auf die Umwelt des Menschens oder auf ihm selbst gerichtet ist spielt dabei keine Rolle. Kurz zusammengefasst: Das ist das Erinnern, Denken, Urteilen oder Wahrnehmen fernab der Realität.

Mia: Ja, das würde ich so unterschreiben.

Hannah: Hast du denn damit schon Erfahrungen gemacht? Möchtest du mal erzählen?

Mia: Sehr gerne. Ich habe leider schon sehr viele Erfahrungen damit gemacht. Sogar vor noch nicht allzu langer Zeit. Also damals mit 17 oder 18 habe ich mein Gesicht und meinen Körper ganz anders wahrgenommen als ich es jetzt tue. Ich kann eine verzerrte Wahrnehmung eigentlich ganz gut beschreiben mit einem Filter der sich auf dein Gesicht oder deinen Körper legt. So war es zumindest bei mir. Ich habe in den Spiegel geguckt und habe Dinge gesehen die mir selber nicht gefallen haben oder die in meinen Augen nicht perfekt waren, wie beispielsweise eine leicht schiefe Nase oder einen schiefen Mund. Genauso wie bei meinem Körper, da hatte ich halt auch irgendwie bestimmte Stellen die mir zu dick oder zu männlich vorkamen. Das war dann wirklich so wie ein Filter der sich über mich gelegt hat und die schlimmen Sachen noch schlimmer gemacht hat. Ich hab dann in den Spiegel geguckt und habe meine Nase nicht meiner Meinung nach leicht schief gesehen sondern extrem schief. Genauso wie bei meinem Körper. Ich habe in den Spiegel geguckt und dachte mir so du hast so breite Schultern von hinten siehst du so aus wie ein Mann. Wenn ich dann mit Freund:innen darüber geredet habe, haben sie mich gefragt was mit mir los ist, weil sie das nicht gesehen haben. Weder das mit meiner Nase noch das mit meinem körper.

Hannah: Also es liegt ja auch immer im Auge des Betrachters. Ich finde Perfektion ist so ne Sache. Jeder empfindet andere Dinge als perfekt. Also ist das sehr schwierig. Aber man ist natürlich sehr kritisch sich selbst gegenüber.

„Ich habe mich so unfassbar hässlich gefühlt, dass ich mich am liebsten von einem Hochhaus gestürzt hätte.“

Mia

Mia: Ich muss leider auch zugeben, dass es mir irgendwann diesbezüglich echt schlecht ging. Ich weiß noch wie wir beide Fotos gemacht haben in meinem alten Zuhause in der Großstadt, von der ich das letzte Mal erzählt hatte. Als ich mir die Fotos danach angesehen habe, hatte ich Tränen in den Augen, weil ich mich gefragt habe wie ich mit so einem hässlichen und unsymmetrischen Gesicht überhaupt leben kann. Wie kann ich mit so einem Gesicht überhaupt auf die Straße gehen? Ich habe mich so unfassbar hässlich gefühlt, dass ich mich am liebsten von einem Hochhaus gestürzt hätte. Das hört sich echt hart an aber so habe ich zu dem Zeitpunkt leider gefühlt.

Hannah: Also ich will hier ganz kurz für die Zuhörer:innen erklären, dass Mia ein wunderhübsches Gesicht hat und das sie viel zu selbstkritisch ist. Es ist auch überhaupt nicht asymmetrisch. Ihr Gesicht hat einfach Züge, die ich als sehr schön und sehr sympathisch emfinde.

Mia:  Das ist voll süß danke! Nur leider hab ich das zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht so gesehen. Aber jetzt geht es mir mittlerweile auch zum Glück schon wieder ein wenig besser.

Hannah: Wusstest du denn eigentlich woher das kommt oder was das ausgelöst hat?

Mia:  Ich würde sagen, dass es vom Mobbing damals kam. In der 1. Folge hatte ich schon mal kurz erwähnt, dass ich in der Schulzeit gemobbt wurde und das sind natürlich Dinge die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ich hab auch mit einigen meiner Mobber wieder Kontakt. Die haben sich bei mir entschuldigt und haben gesagt: „Es tut mir so leid! Ich wusste gar nicht, dass du das so an dich ran gelassen hast. Das waren doch einfach nur Sachen die wir so gesagt haben.“ Ein anderes Ding ist halt tatsächlich Social Media.

Hannah: Ok und was ist durch Social Media passiert?

Mia: Ich war sehraktiv auf Social Media und habe viele Fotos geteilt. Mein Account hatte einige 1000 Abonnenten und das hat mich irgendwann so unter Druck gesetzt, immer perfekt sein zu müssen. Jedes Mal, wenn ich einen Follower verloren habe habe ich tatsächlich gedacht ich bin hässlich, bin zu dick oder nervig. Das war so unfassbar schlimm. Die beiden Sachen sind, würde ich sagen, die Hauptgründe dafür, dass ich mich irgendwann gar nicht mehr richtig wahrgenommen habe.

Hannah: Dazu habe ich noch zwei Fragen. Du hattest ja auch das Mobbing genannt. Als die Mobber sich bei dir entschuldigt haben, was hat das denn in dir ausgelöst? Hat das irgendwie etwas gebracht? Hast du dich dadurch besser gefühlt?

Mia: Ich muss sagen, ich hab mich jetzt dadurch nicht besser gefühlt. Natürlich ist es schön, dass sie sich entschuldigt haben aber es macht mich natürlich sauer, dass Leute denken, dass so gemeine Sachen die sie zu anderen Menschen sagen spurlos an denen vorbei geht. Es ist natürlich nett, dass sie sich entschuldigt haben aber es kommt zu spät.

Hannah: Genau, immerhin. Aber ich finde auch, das macht das Gesagte nicht auf einmal wett.

Mia: Ne leider nicht. Also natürlich ist es nett aber, das hat mir jetzt nicht die Probleme genommen die ich aktuell habe oder hatte.

Hannah: Kommen wir nun zu meiner zweiten Frage: Du hattest erzählt, dass es dich unglücklich gemacht hat Follower zu verlieren. Aber wie war das denn, wenn du gesehen hast, dass die Zahlen steigen? Was hat das in dir ausgelöst? Hat dich das glücklich gemacht?

Mia: Ne, also leider ist das Positive nicht lang von Dauer. Ich hab dann vielleicht zwei dazu bekommen aber einen verloren und dann habe ich mir gedacht: „Hä, wer ist denn jetzt wieder entfolgt und warum? Bin ich hässlich? Poste ich zuviel? Bin ich auf dem letzten Foto zu dick oder warum hat mein letztes Foto so wenige Likes?“ Das war halt immer so ein Gedankenkarussell was ich hatte. Ich habe mich natürlich dann auch mit anderen verglichen die auf Social Media sehr aktiv waren und auch in derselben Nische waren. Das hat mich extrem runtergezogen. Dann kam noch dieser Perfektionismus auf Instagram dazu. Das war auch nochmal richtig schlimm für mich, weil ich mich andauernd mit den perfekten Mädels auf dieser Plattform verglichen hab und dachte: „Ok, die haben jetzt hundert Follower mehr. Die sehen auch viel besser aus und haben eine schmalere Taille.“ Da dachte ich halt jedes Mal, dass ich anders sein muss um Menschen zu gefallen.

Ich kann mich auch noch sehr gut an eine Therapiestunde zu diesem Thema erinnern. Ich hab mit meinem Therapeuten damals während des ersten Corona Lockdowns immer geskypt und ich hab damals wirklich teilweise mein kleines Bildchen oben eine Ecke mit einem Stück Papier abgeklebt, weil ich mein Gesicht nicht ertragen konnte. Mein Gesicht konnte ich nicht diese ganze Stunde über anschauen. Ich habe dir auch immer Fotos geschickt, wie ich mich da in diesem kleinen Bildschirm in der Ecke sehe.

Hannah: Was ich nicht verstanden habe, weil du sagst aus wie immer süß aus. Du siehst jetzt nicht anders aus als sonst für mich. Also dein Gehirn hat einfach fehlinformationen weitergeleitet, so habe ich das damals gesehen.

Mia: Ja, aber genau diese Aussage war nochmal schlimm für mich, weil ich mir dachte: „Scheiße, wenn ich so aussehe wie auf diesem kleinen Bild bin ich ganz verloren. Dann hätte ich mein gespartes Geld nicht für den Urlaub ausgeben sollen, sondern für eine komplette neue Gesichtsmodulation.“

Hannah: Was hätte ich denn deiner Meinung sagen oder wie hätte ich reagieren sollen?

Mia: Ich glaube du hättest tatsächlich in dem Moment nichts anderes sagen können, außer das ich gut aussehe oder das ich so gut bin wie ich bin. Aber ich musst ehrlich sagen, ich kann jetzt nicht genau sagen was mir in diesem Moment gutgetan hätte.

Hannnah: Okay verstehe.

Mia: Dann habe ich natürlich auch mit meinem Therapeuten über das Problem geredet und er meinte ich solle mir mal einen Spiegel holen mein Gesicht betrachten und dieses einfach nur ganz neutral beschreiben. Ich sollte meine Stirn beschreiben, welche Form meine Stirn hat ob mein Haaransatz rund oder eckig ist. Dann welche Form meine Augenbrauen haben und mich so mein Gesicht entlanghangeln. Dann sollte ich es nochmal machen und ich bin so in Tränen ausgebrochen, weil es mich so belastet hat mein Gesicht anzuschauen. Es war wirklich sehr schlimm für mich. So, dass wir das dann halt auch abgebrochen haben, weil ja ich einfach damit nicht klar gekommen bin wie ich aussehe.

Hannah: Jetzt habe ich tatsächlich auch eine Aufgabe für dich: Und zwar würde ich gerne, dass du mir einfach drei Dinge nennst, die du optisch an dir magst.

Mia: Oh shit. Also meinst du jetzt nur im Gesicht oder auch am Körper?

Hannah: Ich meine alles.

Mia: Also ich mag meine Augenringe… Hahaha was? Ich hab nichtmals Augenringe. Also ich mag tatsächlich meine Augenfarbe gerne, weil sie sehr besonders ist wie ich finde. Ich hab außen so blau grün und um meine Pupille einen gelb-orangen Kranz. Ddann mag ich tatsächlich noch meinen Hautton. Ich bin nämlich sehr blass.

Hannah: Der Adel war schon immer blass!

Mia: Ganz genau. Ne, aber ich werd halt auch nicht wirklich braun.

Hannah: Ne, du bekommst nen Sonnenstich und wirst rot.

Mia: Und ne Sonnenallergie genau. Mittlerweile finde ich das ganz schön an mir, dass ich so heller Haut habe und es stört mich auch absolut nicht, dass ich nicht braun werde. Als dritten Punkt würde ich sagen, dass ich meine Zähne mag. Ich hatte früher eine Zahnspange und einen Außenbogen und das hat sich definitiv gelohnt.

Ihr als Zuhörer:innen solltet euch auch mal ein Kompliment machen. Stellt euch am besten Mal von Spiegel, guckt euch an und macht euch ein Kompliment. Zwinkert oder lächelt euch zu. Das hilft tatsächlich ein bisschen durch den Tag zu kommen. Anfangs fühlt es sich sehr komisch an aber es hilft auf jeden Fall!

Reminder | mind me

Mia: Ja, es ist sehr wichtig wie man mit seinem eigenen Spiegelbild redet. Bei mir hat es sich nämlich nur noch verschlimmert dadurch, dass ich immer vor dem Spiegel stand und gesagt habe, ich sei hässlich. Irgendwann habe ich das geglaubt.

Hannah:  Das wollte ich auch fragen. Wie geht es dir denn heute damit? Hat sich das gebessert?

Mia: Es hat sich auf jedenfall gebessert. Aber ich sehe im Spiegel oder auf Fotos häufig noch die Imperfektion, was mich noch ein bisschen belastet. Es ist aber zum Beispiel nicht mehr so stark, dass ich nicht mehr nur mit meiner Schokoseite neben Leuten hergehe. Früher war es immer so, wenn ich mich mit Freund:innen getroffen habe und ich neben den saß oder lief, dass ich den nur meine linke Seite zugewandt habe. Ich dachte echt ich sehe von beiden Seiten komplett verschieden aus.

Hannah: Ja, da erinnere ich mich tatsächlich noch, dass wir mal voreinander saßen und du gesagt hast ich solle mich umsetzen, weil du nicht wolltest, dass ich dich von deiner linken Seite sehe. Das habe ich in dem Moment nicht so verstanden und ich dachte mir nur, dass du blöd bist. Nicht böse gemeint, aber ich dachte halt so im Moment: „Sorry, du siehst halt von beiden Seiten gleich aus.“Das da ein großes Problem hinter steckt wusste ich in dem Moment noch nicht. Ich konnte es mir einfach nicht erklären. Leider weiß man sowas ja auch meistens, wenn es dann zu spät ist.

Mia: Das stimmt. Ich kann mich auch gar nicht mehr so richtig an die Situation erinnern. Was aber schon krass ist, weil wir sind so gute Freundinnen und das ich das sogar bei dir hatte, dass ist schon echt heftig.

Hannha: Vielleicht warst du an dem Tag besonders unsicher? Sowas ist ja auch oft tagesformabhängig.

Mia: Ja, aber ich hab auch noch ein gutes Beispiel. Ich habe eine zeitlang hobbymäßig gemodelt und einmal von einer Fotografin Fotos bekommen. Eins dieser Fotos hat sie dann öffentlich gepostet und sagte, dass es ihr absolutes Lieblingsbild von mir ist. Als ich das gesehen habe, habe ich mich gefragt ob sie spinnt. Es war mir unangenehm, dass sie das gepostet hat, weil ich mich so hässlich darauf fand. AUch ich habe auch kaum Fotos von diesem Shooting gepostet, da ich mich in der Zeit als so hässlich empfand. Wenn ich heute die Fotos anschaue dann muss ich sagen, dass…

Hannah: …verbrennst du sie nicht mehr.

Mia: …vebrenn ich sie nicht mehr, genau. Ich finde die Fotos heute tatsächlich auch sehr schön. Ich sehe natürlich trotzdem noch alles was ich an meinem Gesicht aufzusetzen habe, aber dieser oben beschriebene Filter wird nicht mehr auf mein Gesicht gelegt. Was sehr gut ist.

Hannah: Wie gesagt, finde ich persönlich ganz symmetrische Gesichter, ein bisschen schwierig. Ich finde gerade gewisse Markel machen einen Menschen aus. Es gibt viele Menschen die ich wunderschön finde, wo andere auch sagen würde, dass sie die nicht perfekt oder schön finden. Soetwas ist immer eine Sache der Perspektive.

Mia: Ich persönlich finde es auch schön, wenn ein Mensch eine etwas besondere Nase hat und vielleicht jetzt nicht gerade eine kleine Stupsnase.

Hannah: Aber was ich nochmal sagen möchte: Jeder ist so gut wie er ist! Ich finde auch die Schönheit kommt von innen und es können ganz hübsche Menschen auf mich zukommen und ich finde sie grausam und ganz schlimm weil die Persönlichkeit einfach für den Arsch ist. Es gibt wirklich tolle und schöne Menschen, die vielleicht nicht perfekt aussehen. Aber das ist mir egal.

Mia: Weil sie einfach nur eine hammermäßige Ausstrahlung haben oder einfach einen mega Charakter.

Hannah: Genau, so sehe ich das auch. Du sagtest ja, dass es dir heute ein bisschen besser geht. Wie hast du das denn geschafft? Also wie bist du denn dann rausgekommen?

Mia: Ich habe dann natürlich mit meinem Therapeuten viel drüber geredet, da es mich letztes Jahr sehr belastet hat. Ich sollte mir dann einen Satz raussuchen den ich mir selber sagen kann, wenn ich vor dem Spiegel stehe und mir wieder denke, dass ich so hässlich bin. Es musste halt ein Satz sein, der sich für mich nicht fremd angehört hat, sondern einen den ich auch annehmen kann.

Hannah: Dein Sprachgebrauch vielleicht auch oder?

Mia: Ja und das ist halt auch nicht zu übertrieben ist. Wenn ich mich jetzt vor Spiegel stelle kann ich nicht sagen: „Du bist das größte Topmodel auf dieser Welt.“ Stattdessen hab ich dann halt immer zu mir gesagt: „Du bist gut so wie du bist.“ Das hab ich mir dann halt immer gesagt, wenn mein Hirn anfängt zu denken das ich hässlich bin. Das hat mir tatsächlich sehr geholfen. Ich habe das bei Fotos gemacht oder bei meinem eigenen Spiegelbild. Mein Therapeut hat mich auch darauf aufmerksam gemacht, dass es auch einfach schlechte Fotos oder schlechte Videos gibt. Ganz oft hab ich mich auf irgendwelchen Fotos oder Videos gesehen habe die Freunde von mir gemacht haben. Oft einfache Schnappschüsse bei den ich mich gefragt habe, wie ich eigentlich aussehe. Dann sagte er zu mir: „Haben sie mal darüber nachgedacht, dass es auch einfach schlechte Fotos und schlechte Videos gibt?“ Das hat mir halt auch sehr geholfen.

Genauso wie das Löschen von Instagram. Letztes Jahr zur Fastenzeit habe ich Instagram deaktiviert und die App gelöscht. Ich habe dich auch mein Passwort ändern lassen, damit ich nicht heimlich mal reinschaue sondern wirklich Instagram-freie-Zeit habe.

Hannah: Da war ich auch sehr genau. Gar nichts durftest du.

Mia: Das war auch gut so. Ich habe es auch gar nicht vermisst. Anfangs war ich oft noch sehr abgelenkt, da ich viel unterwegs war oder du mich mal besucht hast. Das war ein sehr wichtiger Schritt für mich, dass ich mich nicht abhängig von diesen Followern gemacht habe oder andere Menschen gesehen habe, bei dennen ich auch nicht wusste was Real oder Fake ist.

Hannah: Gefühlt ist alles Fake.

Mia: Ja, aber es geht im Internet nicht nur um das Bearbeiten, um seine Boobs oder seine Taille machen zu lassen. Es geht auch um den richtigen Winkel. Man sollte sich immer vor Augen führen, dass vieles dort nicht echt ist. Das hat mir sehr geholfen. Ich habe dann auch die Fastenzeit durchgehalten und dich dann tatsächlich auch gebeten meine Instagram zu löschen. Ich wollte einfach damit abschließen. Dann war ich ca. vier oder fünf Monate ohne Instagram. Als ich dann aus der Großstadt in eine kleinere, gut entfernte Stadt gezogen bin, habe ich dann beschlossen mir wieder Instagram zu machen. Diesmal aber einen privaten Account mit Freunden und Bekannten. Mit dem ich auch teilweise mit Freund:innen aus meiner alten Heimat in Kontakt bleiben kann. Das fühlt sich viel besser an.

Hannah: Ja, kann ich verstehen. Es ist immer wichtig wie es für dich anfühlt. Eigentlich sollte es einem wirklich egal sein, was andere Leute sagen. Aber dieser Satz ist immer einfach auszusprechen, aber schwer umzusetzen.

Mia: Ja, man sollte drauf scheißen was andere denken oder sagen. Es geht halt um dich, es ist dein Leben. Was bringt es dir in deinem Leben die anderen izufriedenzustellen, wenn du selber unglücklich bist. Es ist, wie du sagst, leichter gesagt als getan und eine menge Arbeit. Aber es lohnt sich dadurch zu gehen. Ich möchte zum Abschluss noch einen Film empfehlen der eine oder andere kennt ihn vielleicht – es geht um „I feel pretty“. Den gibt es auf Netflix und auch Amazon Prime. Da geht es um eine Frau die nicht dem „Ideal“ entspricht. Sie ist total unglücklich deswegen und hat eines Tages einen kleinen Unfall mit einer Kopfverletzung und plötzlich sieht sie sich mit komplett anderen Augen und ihr ganzes Leben wandelt sich.

Hannah: Es ist so ein geiler Film!

Mia: Der ist so hilfreich und so witzig. Du hast mir den damals empfohlen und der hat mich richtig weitergebracht.

Hannah: Humor steht bei mir an erster Stelle. Das müsst ihr schonmal wissen. Das ist ganz wichtig.

Mia: Ja. Deswegen möchten wir euch den Film auch mitgeben. Hannah hat ihn mir damals empfohlen als es mir so schlecht ging. Sicherlich habe ich ihn mir auch schon vier oder fünf mal angeschaut, weil er mir so gut gefallen hat und mir auch gut tat. Nun habe ich mir den Mund fusselig geredet über meine Erfahrungen mit dem Thema, aber hast du eigentlich auch schon mal Erfahrungen damit gemacht?

Hannah: Ich habe tatsächlich auch was zu erzählen. Aber es geht in eine ganz andere Richtung als du sie erlebt hast. Bei mir war es so, dass ich das Gefühl hatte alles unter Kontrolle haben zu wollen und zu müssen. Das alles unter meiner Kontrolle stehen muss, weil es sonst gar nicht funktionieren würde. Natürlich ist das total absurd, gar nicht möglich und absolut fernab der Realität. Deswegen dachte ich passt das auch zum diesem Thema. Ich hatte zum Beispiel Schwierigkeiten mit meinen Kommiliton:innen bei einer Hausarbeit eingeteilt zu werden. Dabei wollte ich immer wissen was und wann die etwas tun und ob die das auch richtig machen. Ich dachte nur wenn ich dabei bin oder wenn ich meine Hand irgendwie da drin habe läuft das richtig. Meine Gedanken haben mir einfach gesagt, wenn ich nicht dabei bin scheitert die Gruppe. Was natürlich nicht stimmt.

Mia: Kann natürlich trotzdem auch immer ab und zu so sein. Kommt drauf an mit wem man eingeteilt ist.

Hannah: Ja klar. Aber sie hätten wahrscheinlich auch ohne mich gut abgeschnitten. Dennoch dachte ich meine Abwesenheit bringt alles zum Scheitern. jIch muss sagen, ich finde das total witzig beziehungsweise absurd, wenn ich darüber nachdenke. Du weißt ja auch genau, dass ich kein Mensch bin der sehr viel von sich hält. Es ist nicht so, dass ich denke ich bin der absolut King sondern ich bin oft auch recht unsicher. Optisch hatte ich ja auch öfter Schwirigkeiten mit meiner Nase oder mit meinen Zähnen. Deswegen finde ich es so absurd. Aber ich dachte ich erzähl das mal, weil das natürlich auch eine verzerrte Wahrnehmung ist, dass ich diese Kontrolle unbedingt beibehalten wollte.

Mia: Ja, ich muss auch sagen ich finde das ganz gut, dass du was jetzt mitgeteilt hast. Es passt zum Thema aber es ist eine andere Storie als ich sie erzählt habe. Die verzerrte Wahrnehmung muss natürlich nicht immer aufs optische bezogen werden sondern auch natürlich auch auf den eigenen Charakter oder ob sonstiges.

Hannah: Genau, deswegen sagte ich ja auch zu anfang, dass es dabei um das fehlerhafte wahrnehmen, erinnerung, denken und urteilen geht. Bei uns war die wahrnehmung und das urteilen fehlerhaft. Du konntest gar nicht richtgi beurteilen wie di zum Beispiel aussiehst.

Mia: Ja, ich finde es echt interessant. Vielleicht kann der ein oder andere sicher auch wiederfinden in unserem Gesagten. Vielleicht konnten wir dem ein oder anderen auch ein paar hilfreiche Tipps mit an die Hand geben etwas besser mit dem Problem umgehen zu können.

Hannah: Genau und denkt an den Reminder! Macht euch heute mal ein Kompliment.

Mia: Ein sehr guter Reminder. Ich möchte jetzt auch zu dem Thema noch ein paar erschreckende Zahlen teilen. Ich bin auf ein Diagramm von der WHO gestoßen in den es um Jugendliche mit gestörtem Selbstbild geht. Mit 15 Jahren leiden 36% der Mädchen unter empfundenem Übergewicht und nur 14% haben ein wirkliches Übergewicht.

Hannah: Es ist traurig. Einfach nur traurig.

Mia: Es tut mir im Herzen weh diese Zahl zu lesen. Bei den Jungs sind es 22% die empfundenes Übergewicht haben und 23% die wirklich an Übergewicht leiden. Hier gleich sich das ein bisschen aus. Einfach erschreckend, dass bei den Mädels die Zahlen so schwanken.

Hannah: Ich kenne das noch selber, wo ich jung war. Ich dachte auch immer ich sei zu dick. Aber wir waren Kinder. Da sollen wir aiuch noch Kinder sein und spielen und noch so viel Toast essen wie man möchte.

Mia: So lang alles im gesunden Rahmen bleibt und man nicht mit 11 Jahren 150 Kilo wiegt.

Hannah: Also das ist natürlich klar. Es gibt natürlich auch Essstörungen, was wir hier auch nochmal thematisieren werden.

Mia: Ich erinnere mich auch mit 18 oder 19 habe ich mal ein Fotoshooting mit einem bauchfreien Oberteil. Eins der Fotos habe ich damals einer Freundin geschickt und gefragt, ob ich daruf fett aussehe. Die hat mir einen Vogel gezeigt, was ich nicht verstanden habe. Jetzt schau ich mir das Foto an und denke mir, WTF ich wäre fast in der Mitte durchgebrochen, so dünn war ich.

Hannah: Passt gut zum Thema. Das zeigt mir einfach, dass viele Informationen vom Gehirn gar nicht richtig aufgenommen werden können. Erst im nachinein, wo sich vielleicht ein paar Synapsen geschlossen haben. Falls ihr auch gerade durch eine schwierige Zeit geht oder jemanden zum reden braucht, dann könnt ihr auch gerne bei der Telefonseelsorge anrufen. Die 0 800 111 0 111 ist nämlich 24 Stunden für euch da (kostenfrei). Auf der Website findet ihr einen Reiter wo steht „Wo finde ich Hilfe“. Dort könnt ihr nicht nur anrufen, sondern auch chatten. Lest euch gerne mal in das Thema ein und informiert euch. Ihr seid definitiv nie alleine!

Mia: Ganz genau!

Hannah: Das war’s auch schon für die Folge ich bedanke mich auf jeden Fall, dass ihr dabei wart.

Mia: Genau, vielen Dank und dann hören wir uns in 2 Wochen in alter Frische wieder mit einem sehr interessanten Thema.

Bis dann!

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